ROVER Motorräder

Um die Jahrhundertwende stellte The Rover Cycle Company Limited, wie der Name schon sagt, Fahrräder her. Die Firma war einer der erfolgreichsten Fahrradhersteller des Landes, Design und Material-Qualität galten als erstklassig.
Spätestens nach der Einführung des “Safety” - Niederrades 1885 wurde das Radfahren in allen Bevölkerungsschichten populär. Der „Drahtesel“ bot neue Möglichkeiten der Fortbewegung, Ausflüge in die Umgebung wurden zur Mode.
Andererseits machte eine neue Erfindung von sich reden: Der Verbrennungsmotor. Anlaß genug für Rover, das allgemeine Interesse aufzugreifen und sich um ein motorisiertes Fahrrad zu kümmern. Um das Jahr 1900 importierte man einige Peugeot - Motorfahrräder und ließ sie von den Entwicklungsingenieuren testen.

Kleiner Einschub: Neben der ROVER Cycle Co. Ltd. kümmerte sich auch ein alter Bekannter, William Starley, nach dem Konkurs der Starley Brothers and Westwood Manufacturing Co im Jahr 1900 mit seiner Firma Starley & Co um Motorräder. Außer einem Modell ist über eine weitere Entwicklung nichts bekannt.

	Kleiner Einschub: Neben der ROVER Cycle Co. Ltd. kümmerte sich auch William Starley nach dem Konkurs der Starley Brothers and Westwood Manufacturing Co mit seiner Firma Starley & Co um Motorräder. Außer einem Modell ist keine weitere Entwicklung bekannt. ⇒ Zu den Starley "Eye-Opener" - Einzelheiten

Nach vielen Quellen könnte man den Eindruck gewinnen, bei ROVER habe man erst nach dem Tod von John Kemp Starley 1901 mit der Entwicklung motorisierter Fahrzeuge begonnen. Dies trifft, nicht nur wegen des Elektrodreirads von 1888, keineswegs zu. John Kemp Starley hatte u.a. schon 1898 ein Patent zur Motorisierung des "Coventry Chair" mit einem de Dion Bouton - Motor erhalten. Im gleichen Jahr erwarb er ein Patent über "Verbesserungen im Antrieb von Automobilen". Dies spricht dafür, dass die Überlegungen zu Motorrädern und Automobilen recht weit gediehen waren.

Schon 1900 oder 1901 stellt ROVER ein Motorfahrrad nach dem "Motosacoche" - Prinzip vor. Leider fehlen derzeit entsprechende Unterlagen.

Die Angaben in "h.p." beziehen sich jeweils auf die steuerliche Einordnung, sie stellen keinerlei Leistungswerte dar. In keiner der vorliegenden Quellenmaterialien werden "bhp" (= brake horse power) oder PS - Angaben gemacht.

	1902 stellte die Rover Cycle Co. Ltd. ihr erstes Motorfahrrad vor. Das so genannte „Imperial Rover Motor Cycle“ wurde von einem 2.25 h.p. Motor, später von einem 2,5 h.p. bzw. 2.75 h.p. Motor, angetrieben und kostete £55. Der Markt nahm das Fahrzeug sehr wohlwollend an, bis 1906 wurden einige hundert Motorräder dieses Typs verkauft. ⇒ Zum Imperial Rover 2,25 h.p. Motorrad

In diesen frühen Jahren erwarben ROVER - Motorräder große Anerkennung für ihre Qualität und Klasse. Schließlich hatte man von Anfang sowohl den Rahmen als auch alle anderen Komponenten so entworfen, daß sie den hohen Belastungen auf der Straße jederzeit Stand hielten. Auch der Motor wurde im Hause entwickelt und gebaut; er entsprach dem damaligen Entwicklungsstand, einzelne Komponenten übertrafen Konkurrenzprodukte bei weitem.

Das Rover - "3 h.p."  Motorrad folgt der 2,75 h.p. - Version nach. Es wird in zwei Ausführungen geliefert: mit Ketten- oder Riemen-Antrieb. Beide Versionen haben glühende Anhänger, die ihren gegenseitigen Aversionen in den Leserbrief-Spalten der zeitgenössischen Magazine freien Lauf lassen. Wie auch heute, sind die Prinzipienreiter durch keinerlei Argumente zu irritieren.

	Das 1904 präsentierte Rover 3 h.p. - Motorrad basiert auf dem vorangegangenen 2,75 h.p. - Modell. Es wird sowohl mit Ketten- oder Riemenantrieb angeboten. ⇒ Zum Imperial Rover 3 h.p. Motorrad

Das Rover - "Motor - Tandem" verwendet die beiden 3 h.p. - Antriebseinheiten. Die kettengetriebene Version ist für diejenigen gedacht, die eigentlich gerne ein Automobil gekauft hätten, sich aber vor den Folgekosten scheuen. Das teure Modell kam mit Wasserkühlung, Zwei-Gang-Schaltung und Radsteuerung. Das luxuriöse Fahrzeug fand großen Anklang.
Die schlichtere Ausführung war das riemengetriebene, luftgekühlte Motor - Tandem mit etwas weniger Leistung. Auch es fand seine zufriedenen Abnehmer.

	1904 präsentierte Rover das „Forecar“ - Dreirad in zwei Versionen: Das teure Modell mit Wasserkühlung, Zwei-Gang-Schaltung und Radsteuerung, die schlichtere Ausführung mit Riemen-Antrieb und Luftkühlung. Beide Modelle verwendeten die Antriebseinheiten des 3 h.p. - Motorrades. ⇒ Zum Imperial Rover "Motor - Tandem"

1905 schob ROVER ein preiswertes Leichtmotorrad nach, das sich recht erfolgreich am Markt positionieren konnte. Doch ist nicht zu übersehen, dass es ein letztes Aufbäumen gegen die sinkende Nachfrage nach Motorrädern war. Die Society hatte in preiswerten Automobilen ihr neues Spielzeug gefunden.

	Ein neues „Imperial Rover Light Motor Cycle“ mit einem Gewicht von 100 lbs und einem Preis von £40 wurde für die Saison 1905 eingeführt. Es galt als handlicher als das gewöhnliche Motorrad. ⇒ Zum Imperial Rover Light Motor Cycle

Auch das erfolgreiche Imperial Rover Light Motor Cycle konnte nicht verhindern, dass zu Beginn der Saison 1906 beschlossen wurde, die Motorradproduktion nach rund 1.250 gefertigten Motorrädern einzustellen. Es gelang nicht mehr, auskömmliche Preise zu erzielen.
Durch die Konkurrenz preiswerter Automobile kam die ganze Branche in Bedrängnis, der Verkauf von Motorrädern geriet allgemein unter Druck. Viele Hersteller verschwanden von Markt. ROVER hatte die Konkurrenz im eigenen Haus: Der Rover 8 hp, vor allem aber der preiswertere Rover 6 hp erforderten mehr Aufmerksamkeit in der Produktion und gewannen großen Zuspruch beim Käufer.

	Das spezielle Fahrrad stammt von ROVER, der Motor von Motosacoche - das Ganze wird im ROVER - Fahrradkatalog(!) von 1908 angeboten. ⇒ Zum ROVER Motosacoche

ROVER beabsichtigte allerdings nicht, sich vollständig aus dem Motorradmarkt zurückzuziehen. ROVER fertigte zumindest in den Jahren 1907 und 1908 Fahrräder zum Einbau der "Motosacoche" - Motoren für den britischen Ableger von Motosacoche. Diese wurden im Fahrrad(!)-Katalog von 1908 auch von Rover angeboten. Der Aufschwung des Werks in Coventry in den Jahren 1905 bis 1910 ermöglichte, die Entwicklung und Produktion von Motorrädern wiederzubeleben.

	Inspiriert von den vielen Anfragen ehemaliger zufriedener Kunden und der wieder auflebenden Nachfrage nach Motorrädern, stellte Rover ein neues 3½ h.p. Modell vor. Die Einzylinder-Maschine stieß auf reges Interesse. ⇒ Zum Imperial Rover 3½ h.p. Motor Cycle

Das neue 3½ h.p. Einzylinder-Modell wurde begeistert aufgenommen. Mit der Druid-Vordergabelfederung und Triumph-Freilauf-Kupplung traf es den Zeitgeist; das Auftragsvolumen überstieg alle Erwartungen. Zunehmend wurde das Motorrad auch als Sportgerät gesehen. Der enorme Auftragseingang für ROVER - Fahr- und Motorräder bestärkte den Vorstand darin, diesen Teil des Geschäfts von der Automobilproduktion zu trennen. 1912 entstand so die New Rover Cycle Company Ltd.
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges blieb die 3½ h.p. - Maschine einziges Modell in Produktion.

	Das 1915 entwickelte 5/6 h.p. Modell wurde zunächst nur von den Streitkräften Großbritanniens, Russlands und befreundeter Staaten eingesetzt. Es gab bis Kriegsende keinerlei zivile Angebote für dieses Modell. ⇒ Zum Imperial Rover 5/6 h.p. Motor Cycle

Für die 5/6 h.p. Zweizylinder-Maschine gab es bis zum Ende des I. Weltkriegs keine Verkaufsbroschüren für die Öffentlichkeit, sie wurde auch nicht beworben.
Dieses Motorrad wurde auch an die russische Armee geliefert, ein Instruktoren-Team wurde nach Archangel in den tiefsten Winter entsandt. Auch an andere verbündete Armeen wurde die 5/6 h.p. ausgeliefert. Nach dem Kriege wurden die Maschinen auch dem zivilen Publikum angeboten.

Nach dem Krieg wurde die Produktion des 3½ h.p. Modells fortgesetzt, die 5/6 h.p.-Zweizylinder-Maschine kam dazu. Beiden blieben bis 1922 im Programm, dann wurde die 3½ h.p. - Maschine ersetzt.

	Ab 1922 ersetzte das Rover 4 h.p. Motor Cycle das bewährte, aber in die Jahre gekommene 3½ h.p. Modell. Die stärkere Dreigang - Maschine fand am Markt trotz erheblicher Konkurrenz viel Anklang. ⇒ Zum Imperial Rover 4 h.p. Motor Cycle

ROVER-Motorräder, vor allem die TT-Ausführungen, waren weiterhin in allen Bereichen des Motorradsports erfolgreich, darunter beim Tourist Trophy Rennen auf der Isle of Man und bei den schottischen Six Days Trials.
1923 endete die Existenz der The New Rover Cycle Company Limited, die Kontrolle wurde wieder von Muttergesellschaft übernommen.
Auf der Motorradmesse 1922 stellte ROVER für die Saison 1923 ein neues, lebhaftes Leichtmotorrad mit 2,5 h.p. vor. Das Design bezog alle Merkmale der innovativsten Motorradpraxis ein und bot die Leistung des vorherigen 3½ h.p.Modells - zu deutlich geringeren Kosten.
Neben diesem neuen Modell wurden weiterhin die 4 h.p. und 5/6 h.p. - Modelle angeboten.

	Die frühere 3½ h.p. - Maschine hinterließ trotz Ersatz eine große Lücke im Angebot. Das neu entwickelte 2,5 h.p. - Modell wurde als Leichtmotorrad angeboten und am Markt wohlwollend aufgenommen. ⇒ Zum Imperial Rover 2,5 h.p. Light Motor Cycle

In der Saison 1924 wurde nur noch das 2,5 h.p. Leichtmotorrad angeboten, alle anderen Modelle wurden ersatzlos vom Markt genommen.

	Die 2,5 h.p. - Maschine wurde schon nach kurzer Zeit durch das 350 ccm - Modell ersetzt. Als einziges verbliebenes Modell im Angebot konnte es keine für Rover lukrative Stückzahlen generieren. Nach nur einer Saison war auch die 350 ccm - Maschine Geschichte. ⇒ Zum Rover 350 ccm - Motor Cycle

Zum Ende der Saison 1925/1926 sah Rover keine Zukunft mehr im Bau von Motorrädern. Das Hauptinteresse des Unternehmens richtete sich fürderhin auf die Automobilherstellung. Es war daher keine Überraschung, als die gesamte ROVER - Fahrrad- und Motorradproduktion eingestellt wurde.
In den Jahren 1902 - 1906 und 1910 - 1926 wurden weit über 15.000 ROVER - Motorräder produziert.