Weltkrieg I

ROVER baut für Andere

1914 - 1918

 

ROVER baut im Jahr 1914 bis zum Beginn des Krieges 1.943 zivile Automobile. Zwar werden kriegswichtige Unternehmen im “Coventry Armament and Munitions Cluster (C.A.M.C.)" listenmäßig erfaßt, doch ist zunächst nur die Rover Cycle Co. Ltd.  mit den Werken Fleet Works, St. John Works und Reliance Foundry dabei. Rover wickelt noch vor der Einführung der zentralen Auftragsvergabe umfangreiche Lieferungen von Motorrädern nach Rußland und Frankreich ab. Diese Aufträge werden “nach Abnahme durch die Auftraggeber, vor der Verpackung gegen Barzahlung” erfüllt. Vor Dezember 1914 erhält Rover einen Auftrag über 1.000 Fahrräder für die britische Armee und 1.000 Fahrräder für die königliche Postverwaltung - letztere mußte zuvor 1.000 Fahrräder an die Armee abgeben. Rover erfüllt diesen Auftrag bis Anfang 1915.

Bis Mitte 1915 verläßt sich die Regierung ganz auf die von den bestehenden Munitionsfabriken zugesagte Herstellung von Munition und Granaten. Doch schon im März 1915 wird bekannt, dass die vereinbarten Liefermengen, z.B. an 18-Pfund-Granaten in Höhe von 481.000 Stück mit rund 52.000 tatsächlich gelieferten nur zu rund 10% erfüllt wurden. Im Mai berichtet ein Reporter von der Front und löst damit einen Skandal aus, der auch Veränderungen in der Regierung auslöst. Man muß endlich Übersicht über die Produktion von Kriegsmaterial gewinnen. Dem Kriegsministerium (Ministry of War - M.O.W.) wird ein Ministerium für Bewaffnung (Ministry of Munition - M.O.M.) zur Seite gestellt, das von David Lloyd George aufgebaut und unverzüglich aktiv wird. 1917 übernimmt Winston Churchill das nunmehr auf 12.000 Mitarbeiter angewachsene M.O.M. Mit höchster Priorität entstehen zahlreiche neue staatliche Fabriken; daneben werden die zivilen Betriebe verstärkt in die Pflicht genommen. Viele Probleme treten auf, die nur zentral gelöst werden können. Unter Anderem fehlen die rund 2.000 bei Kriegsbeginn für die Armee requirierten Lastwagen fehlen nun im Land, die neu aufgebauten Betriebe benötigen Arbeitskräfte, diese wiederum Unterkünfte und Verpflegung. Frauen übernehmen in zahlreichen Branchen die Tätigkeiten von Männern, sowohl im Transportbereich als auch in der Produktion. Im Raum Coventry überwachen neue Institutionen die Produktion des Kriegsgeräts bei bisher zivilen Herstellern.

Im September 1915 beschreibt ein Leitartikel des Coventry Graphic  die Veränderungen in der Stadt wie folgt:

Wir sehen neue Fabriken entstehen, wir sehen Flugzeuge in der Luft. Die Werkstätten sind die ganze Zeit über industrielle Bienenstöcke gewesen, und Coventry hat sich zu einem großen Munitionszentrum entwickelt. Die große Anzahl von Arbeitern in der Nähe der Fabriken zu den Essenszeiten zeigt die Kraft der Arbeiter; aber die rege Tätigkeit in der Nacht wird von der Öffentlichkeit nicht so allgemein beobachtet. Es wird die Leute eines Tages überraschen zu erfahren, wie sehr Coventry zur Produktion von Munition für Großbritannien und seine Alliierten beigetragen hat.

Im Bericht des C.A.M.C. vom Dezember 1915 findet sich auch die Rover Co Ltd  mit den Werken New Meteor Works, Rover Road, Helen Street und Foleshill im Cluster. Während die Produktion eigener Fahrzeuge ruht, liegen Aufträge für 500 ⇒ Maudslay Lastwagen und 1.781 ⇒ Sunbeam Ambulanz- und ⇒ Stabsfahrzeuge sowie dazu gehörige Ersatzteile vor, die bis 1918 stetig abgeliefert werden.
Allerdings geht aus einer Notiz in Commercial Motors vom 29. Juni 1916 hervor, dass das Kriegsministerium auch ein Angebot von ROVER zum Bau von "Kraftfahrzeugen und Krankentransportwagen" angenommen hat. Ob und in welcher Höhe hier ein Auftrag erging war nicht zu eruieren.

Daneben produziert Rover Stokes Granatwerfer, Granaten, Zünder, 18-Pfund-Mörsergranaten, Gasgranaten, 4.5 in Granaten, Getriebe für Daimler-Tanks und weiterhin Fahrräder für die Armee und die Postverwaltung.
Ab 1916 werden auch Kolben für Gnome Flugzeugmotoren geschmiedet und Tränengas-Granaten erzeugt.

Erwähnt sei, dass Rover in den Kriegsjahren keine staatlichen Investitionszuschüsse erhält, sondern alle erforderlichen Betriebserweiterungen aus eigenen Mitteln bestreitet.
Im März 1917 wurde Rover beschuldigt, die Vorbereitungen für die Wiederaufnahme einer zivilen Autoproduktion über die nationalen Interessen zu stellen, als das Management eine Vertragsverlängerung über die Herstellung von Gasgranaten ablehnte und dies mit der Auslastung durch andere Regierungsaufträge begründete. Nachteile entstanden daraus für Rover offensichtlich nicht.

 

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